In Aktion

„Wälder sind das Zentrum einer Lösung für die Klimakrise“

Carolle Alarcon will als Leiterin der Brazilian Coalition on Climate, Forests and Agriculture den Wald bewahren – und setzt auf Dialog.

Ausgabe 1 | 2025

Text: Christine Wollowski

Die langen Sommer im Haus der Großmutter haben sie geprägt: Im brasilianischen Bundesstaat São Paulo zwischen Strand und Küstenregenwald entwickelte Carolle Alarcon ihre Verbundenheit zur Natur. „Meine Oma nutzte Kompost und betrieb Agroforstwirtschaft, integrierte also Bäume und Sträucher in die Landwirtschaft, als noch niemand von so etwas sprach“, erinnert sich die Wissenschaftlerin, die seit März 2024 der Brazilian Coalition on Climate, Forests and Agriculture vorsteht, einer Organisation, die sich für eine kohlenstoffarme Wirtschaft in Brasilien einsetzt.

Nach einem Studium in Umweltmanagement und Stationen bei Nichtregierungsorganisationen und in Forschungsprojekten studierte Carolle Alarcon 2016 bis 2018 im Rahmen des DAAD-Programms Entwicklungsbezogene Postgraduierten­studiengänge (EPOS) an der Technischen Universität Dresden den englischsprachigen Master Tropical Forestry. „Das war ein Wendepunkt in meiner Karriere, ich hatte bis dahin viel Feld­arbeit gemacht, aber nun begann ich, mich international zu vernetzen.“ Alarcon ist überzeugt, dass Klimaschutz nur in internationalen Netzwerken funktionieren kann. Sie habe in ihrer Laufbahn immer wieder Brücken gebaut, zwischen der indigenen Bevölkerung und Landbesitzenden, zwischen Regierung und traditionellen Gemeinschaften, zwischen ­Zivilgesellschaft und Regierungsvertretern. „Ich glaube an den Dialog!“

In ihrer aktuellen Position fördert sie den Austausch zwischen zwei Parteien, die gemeinhin als unvereinbare Gegner angesehen werden: zwischen Vertretern der industrialisierten Landwirtschaft und Umweltschützern. „In vielen Bereichen haben beide das gleiche Interesse“, sagt Carolle Alarcon: „Einer unserer Schwerpunkte sind etwa Ausgleichszahlungen für Umweltleistungen. Wir haben bei ihrer Festschreibung im brasilianischen Gesetz mitgewirkt und sind jetzt an der schrittweisen Einführung beteiligt. In manchen Gegenden könnten Großgrundbesitzer legal bis zu 80 Prozent ihrer Flächen abholzen. Ausgleichszahlungen sind für sie ein wichtiger Anreiz, den Wald stehen zu lassen.“

Tatsächlich bleibt momentan mehr Wald stehen; im Februar 2025 wurde im Amazonasgebiet 64 Prozent weniger Abholzung gemeldet als im Vorjahr. Alarcon vermeldet außerdem: „Wir arbeiten an nachhaltiger Waldnutzung, wie ich sie in Deutschland gesehen habe.“ Besonders wichtig ist ihr daneben die Lieferkettenregelung: „Wenn wir jedes Rind von seiner Geburt über die Mästung bis zum Export verfolgbar machen, können wir sicherstellen, dass für die Fleischproduktion kein Wald vernichtet wird.“ —