Text: Luca Rehse-Knauf
Zwischen Wald und Wüste: Savannen im Klimastress
Afrikas Savannen sind Lebensraum, Wirtschaftsfaktor und Klimaregulator. Aktuell sind sie bedroht. Ein Masterprogramm verbindet Studierende aus Ost- und Westafrika und bietet Ansätze, wissenschaftliche Ideen in die Praxis zu überführen.
Was für Deutschland der Wald ist, ist für viele Regionen Afrikas die Savanne: zentrales Ökosystem, Lebens- und Wirtschaftsraum, kulturelles Erbe und CO₂-Speicher. Doch die offenen Landschaften sind bedroht – durch Übernutzung sowie durch Fluten, Dürren und weitere Klimawandelfolgen. Hier setzt das African Climate and Environment Center – Future African Savannas (AFAS) an, das seit 2021 im Rahmen des DAAD-Förderprogramms Globale Zentren für Klima und Umwelt mit Mitteln des Auswärtigen Amts gefördert wird. Das wissenschaftliche Konsortium widmet sich dem Erhalt der Biodiversität in afrikanischen Savannen und ihrer Anpassung an den Klimawandel.
AFAS besteht aus den vier Partnerinstitutionen Universität Bonn, Universität zu Köln, University of Nairobi in Kenia und Université Félix Houphouët-Boigny in Côte d’Ivoire. Herzstück ist ein gemeinsamer Masterstudiengang, die erste institutionelle Kooperation dieser Art zwischen einem französisch- und einem englischsprachigen afrikanischen Land. AFAS hat das Ziel, den akademischen Austausch zu fördern und dadurch wissenschaftlich fundierte Maßnahmen in die politische Praxis zu überführen.
Wissenschaftlicher Brückenschlag
5.000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Kenia und Côte d’Ivoire – das ist etwa so weit wie von der portugiesischen Küste bei Lissabon quer über den Atlantik bis ins US-amerikanische Boston. Was die Länder eint, sind die Klimazone und der Vegetationstyp der Savanne. „AFAS versucht daher, die Distanz zwischen West- und Ostafrika zu überbrücken, auf wissenschaftlicher, politischer und praktischer Ebene“, erläutert Claire Anulisa. Die Kenianerin hat nach einem Bachelor of Science im Management von Agrarökosystemen den AFAS-Masterstudiengang an der Universität in Nairobi absolviert. „Studierende aus Westafrika reisen während des Studiums nach Ostafrika und umgekehrt. Ein Highlight sind außerdem die Summer Schools in Köln und Bonn.“ Ein dicht gefülltes wissenschaftliches Programm sowie verschiedene Ausflüge wie beispielsweise zum Klimasekretariat der Vereinten Nationen gehören zu dem Aufenthalt in Deutschland dazu.
Der akademische Austausch ist essenziell für junge Forschende, sagt auch Nouhou Zoungrana, AFAS-Absolvent aus Burkina Faso. Der gelernte Geograf hat das Masterprogramm im westafrikanischen Abidjan in Côte d’Ivoire belegt. „Wir hatten die Möglichkeit, mit afrikanischen und internationalen Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten: aus Benin, Côte d’Ivoire, Guinea, Kamerun, Kenia, Togo, Sierra Leone und Deutschland.“ Eine Herausforderung sei dabei anfangs die Sprachbarriere gewesen. „Ich war mir unsicher, ob ich bei AFAS mitmachen kann, weil ich aus einem französischsprachigen Land komme“, sagt Zoungrana, der zu Beginn seines Masters noch wenig Englisch sprach. „Nach dem zweijährigen Programm und einigen Sprachkursen kann ich mich jetzt aber gut ausdrücken.“ So gut, dass er in der Weltwissenschaftssprache Englisch publiziert – unter anderem ein gemeinsames Paper mit Claire Anulisa. AFAS habe die Integration der beiden Regionen enorm vorangebracht, bestätigen beide.
Politik und Praxis
Das Besondere an AFAS ist die Praxisnähe. Die Savannen lassen sich nicht vom Schreibtisch aus erforschen. „Wir sind rausgegangen und haben Feldforschung betrieben, mit Landwirten und lokalen Gemeinden zusammengearbeitet“, berichtet Claire Anulisa. Ihre Forschung zu Agroforstwirtschaft führte sie im südkenianischen Tana River County durch. Dort kämpfen viele Landwirte mit den Folgen des Klimawandels. In der Agroforstwirtschaft geht es um nachhaltige Landnutzungsmethoden. „Wenn man beispielsweise flut- und dürreresistente Baumarten ansetzt, können die Savannen möglichen Überschwemmungen trotzen. Die Landwirte können von den Bäumen außerdem die Früchte ernten, Brennholz gewinnen und Futter für die Tiere – vor allem während der Dürreperioden.“
Wenn wissenschaftsbasierte Lösungsvorschläge für Umwelt- oder Klimaprobleme vorliegen, gilt es diese umzusetzen. „Wir haben bei AFAS auch gelernt, wie man wissenschaftliche Ergebnisse für den Politikbetrieb verständlich aufbereitet“, sagt Nouhou Zoungrana. „Ich habe etwa ein Kurzdossier verfasst, das auch schon veröffentlicht wurde.“ Zoungrana hat nach seinem Master unter anderem für das Umweltministerium in Burkina Faso gearbeitet. Aktuell arbeitet er als Forschungsassistent für eine Nichtregierungsorganisation (NGO) in Burkina Faso.
„Wenn man andere Regionen kennenlernt und an internationalen Konferenzen in verschiedenen Ländern teilnimmt, entwickelt man ein ganzheitliches Verständnis von Problemen.“
Claire Anulisa, Absolventin des AFAS-Masterstudiengangs
Auch Claire Anulisa ist für eine NGO tätig. Die aus dem Center for International Forestry Research und dem World Agroforestry zusammengeschlossene CIFOR-ICRAF beschäftigt sich auf hohem wissenschaftlichem Niveau mit Forst- und Agroforstwirtschaft. Anulisa berichtet, dass sie kürzlich dank ihres AFAS-Abschlusses befördert wurde. Sie denkt gerne an ihr Studium zurück. „Es hat meinen Horizont enorm erweitert. Wenn sich die eigenen Erfahrungen auf nationale Grenzen beschränken, kann es leicht passieren, dass man eine einseitige Perspektive entwickelt. Aber wenn man andere Regionen kennenlernt und an internationalen Konferenzen in verschiedenen Ländern teilnimmt, entwickelt man ein ganzheitliches Verständnis von Problemen. Und das ist in Umwelt- und Klimafragen unbedingt nötig.“ —
Einladung zur virtuellen Lecture Series der Globalen Zentren
Bis November 2025 finden zum zweiten Mal die „DAAD Climate Lecture Series“ der Globalen Zentren für Klima und Umwelt online statt. Am 9. September referiert beispielsweise Lucy Waruingi, Executive Director des African Conservation Centre, über kommunale Wiederaufforstung von Weideland. Am 4. November spricht Professor Germán Poveda von der Nationalen Universität von Kolumbien über die Auswirkungen von Klimawandel und Abholzung auf die Wasserressourcen des Amazonasgebiets. Alle Infos, auch zu Aufzeichnungen vergangener Talks, finden Sie hier: www.daad.de/globale-zentren