Im Überblick

Bewusstsein für den Schutz des Waldes

Von Ethnomedizin bis Ökosystem: Wie der DAAD mit seinen Programmen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung von Wäldern beiträgt.

Ausgabe 1 | 2025

Text: Miriam Hoffmeyer

Die Liebe der Deutschen zu rauschenden Baumwipfeln und grünen Moosteppichen ist seit der Romantik berühmt. Laut Umfragen verbringen fast 90 Prozent der Bevölkerung auch heute noch gern Zeit im Wald. Doch die im Juni 2025 veröffentlichte Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat zeigt, wie besorgniserregend der Zustand des Waldes ist. Um ihn zu schützen, soll auch in Forschung investiert werden. Die Bedeutung des Waldes hat auch der DAAD seit längerer Zeit erkannt: Er unterstützt zahlreiche unterschiedliche Projekte und Kooperationen, die der Forschung und Lehre, dem Wissenstransfer oder dem Capacity Building rund um das Thema Wald dienen. Allein im Bereich Forst- und Holzwissenschaft hat der DAAD bis heute mehr als 3.000 Individualstipendien vergeben.

„Das Ökosystem Wald erfüllt viele wichtige Funktionen für Natur und Menschheit weltweit“, sagt Arngard Leifert, Teamleiterin Alumniprojekte beim DAAD. Denn Wälder speichern nicht nur Kohlenstoff, sie halten auch Grundwasserreservoirs im Gleichgewicht, schützen Böden vor Erosion und bilden die artenreichsten Lebensräume der Erde. Mehrere Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) betonen daher die Notwendigkeit, Wälder zu schützen und nachhaltig zu nutzen – insbesondere SDG 15 (Schutz des Lebens an Land), SDG 13 (Klimaschutz), SDG 6 (Sauberes Wasser) und SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden). Weil viele Menschen vor allem im Globalen Süden auf Holz als Energieträger oder auf Einkommen aus dem Verkauf von Waldhonig, Wildfleisch oder Pilzen angewiesen sind, sind Wälder auch mit den UN-Zielen verknüpft, Armut und Hunger zu überwinden und eine bezahlbare Energieversorgung zu sichern.

Der DAAD bekennt sich nachdrücklich zu den SDGs. Ein besonderes Augenmerk auf Nachhaltigkeitsthemen legten etwa die DAAD-Alumniprogramme für deutsche Hochschulen zur Fortbildung und Bindung internationaler Alumni, sagt Arngard Leifert: „Sie ermöglichen Deutschland-Alumni, ihre Expertise zu vertiefen, um positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken – sei es durch politische Einflussnahme, Unterstützung sozialer Initiativen oder die Schaffung nachhaltiger Geschäftspraktiken.“ Da internationale Alumnae und Alumni häufig Schlüsselpositionen in Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur besetzten, könnten sie eine wichtige Rolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen.

„DAAD-Alumniprogramme legen besonderes Augenmerk auf Nachhaltigkeitsthemen.“

Arngard Leifert, Teamleiterin Alumniprojekte im DAAD

Professor Víctor Ávila Åkerberg, der 2009 mit ­einem DAAD-Stipendium an der Universität Freiburg promovierte, ist heute Generalsekretär des Wissenschaftsrats des Bundesstaats Mexiko (COMECyT). In den vergangenen Jahren hat der Ökologe eine Reihe DAAD-geförderter Alumniprojekte organisiert. Agroforstwirtschaft steht im Fokus des jüngsten Projekts, an dem die ­Georg-August-Universität Göttingen (GAU), der ­COMECyT und zwei mexikanische Hochschulen beteiligt sind. „Agroforstwirtschaft verbindet ökologische Nachhaltigkeit mit wirtschaftlicher Stabilität, indem sie einerseits die Biodiversität schützt und andererseits zur Ernährungssicherheit beiträgt“, sagt Ávila Åkerberg. In zwei interdisziplinären Seminaren 2024 und 2025 befassten sich Teilnehmende aus Mexiko, Zentral­amerika und der Karibik unter anderem mit dem mexikanischen Förderprogramm „Sembrando Vida“ (Leben säen), das Bäuerinnen und Bauern unterstützt, die beispielsweise Obstbäume und Mais auf derselben Fläche anpflanzen. Neben einem Fachbuch erstellten die Deutschland-Alumni den Youtube-Film „Agroforestería para la vida“ (Agroforstwirtschaft für das Leben). Schon in früheren Projekten hatte Ávila Åkerberg mit Teilnehmenden auch Dokumentarfilme produziert. Zwei DAAD-geförderte Filme über Abwassermanagement und über den artenreichen „Wasserwald“, der die Wasserversorgung für rund 25 Millionen Menschen im Großraum Mexiko-Stadt sichert, wurden auf internationalen Festivals ausgezeichnet. Auf Ávila Åkerbergs ­Initiative geht auch ein neues kofinanziertes Stipendienprogramm des DAAD und des ­COMECyT zurück: Von 2025 an werden jährlich 20 Masterstudierende und Promovierende aus Mexiko gefördert, die einen Abschluss an einer deutschen Hochschule anstreben.

„Unsere Arbeit hat dazu beigetragen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wertvoll und schutzwürdig die Urwälder ­Kameruns sind.“

Prof. Dr. Norbert Sewald, Universität Bielefeld

Obwohl der enorme Wert von intakten Waldökosystemen auch für das Erreichen der SDGs zunehmend erkannt wird, ist die forstwirtschaftliche Ausbildung an Hochschulen international nicht einheitlich. Mit dem Ziel, Nachhaltigkeitsthemen stärker in den Curricula zu verankern, hat sich die Technische Universität Dresden mit Hochschulen auf drei Kontinenten zu einem Global-SDG-Campus network zusammengeschlossen. „Jede Partnerhochschule bringt ihre besonderen Stärken in das Netzwerk ein“, sagt Projektkoordinator Dr. Simon Benedikter von der TU Dresden. So liegt die Khulna-Universität in Bangladesch nahe dem größten Mangrovenwald der Welt, die Bamenda-Universität in ­Kamerun ist auf Wildlife Management spezialisiert, die Universität La Plata in Argentinien auf Waldbrandbekämpfung und die Kasetsart-Universität in Thailand auf tropische Plantagenwirtschaft. Alle Partner steuerten Inhalte zu einem neuen Onlinewahlmodul über die SDG-Beiträge der Forstwissenschaft bei. Nach dem Auslaufen der Förderung 2025 wollen die fünf Hochschulen ihre Zusammenarbeit fortsetzen und gemeinsame „Forestry Field Schools“ für ihre ­Studierenden veranstalten.

Ethnomedizinische Pflanzen aus den Urwäldern Kameruns stehen im Mittelpunkt des SDG-Graduiertenkollegs „Natural Products with Antiparasite and Antibacterial Activity“ (­YaBiNaPA) der Universität Bielefeld und der Universität Yaoundé 1 (UY1) in Kamerun, in dem Fachleute aus Ethnobotanik, Pharmakologie, Phytochemie, Biochemie und Arzneimittel­entwicklung zusammenarbeiten. Ebenso wie die SDG-Partnerschaften werden SDG-Graduiertenkollegs vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Kamerun besitze ein „einzigartiges therapeutisches Erbe“ aus mehr als 8.600 Pflanzenarten, sagt Professor Bruno ­Lenta Ndjakou von der UY1: „Die Ausbildung von Fachleuten für die Erforschung und nachhaltige Verwertung dieser Ressourcen ermöglicht es, ihr enormes Potenzial als Medikamenten- und Einkommensquelle für die ärmere Bevölkerung zu heben.“

Das gut ausgestattete Labor, das zum nationalen Referenzlabor ausgebaut werden soll, neue internationale Kooperationen sowie eine Vielzahl von Publikationen, Seminaren und Konferenzen hätten die Sichtbarkeit der UY1 stark erhöht, so Lenta. Seit 2017 wurden 40 Graduierte ausgebildet, die rund hundert ethnomedizinische Pflanzen untersuchten und zahlreiche gut wirksame Substanzen isolierten. Einige äußerlich anzuwendende Präparate, die den Verschreibungen traditioneller Heiler ähneln, dürfen bereits verkauft werden. Nicht zuletzt habe YaBiNaPA einen Beitrag zum Schutz der Biodiversität geleistet, sagt Professor Norbert Sewald von der Universität Bielefeld: „Unsere Arbeit hat dazu beigetragen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wertvoll und schutzwürdig die Urwälder ­Kameruns sind.“ —

Forstwissenschaften an deutschen Hochschulen

Mit der nachhaltigen Nutzung und dem Schutz von Wäldern befassen sich die Forstwissenschaften, die in Deutschland eine lange Tradition haben: Schon 1810 wurde eine Forstschule in Thüringen gegründet, die später in die Technische Universität Dresden integriert wurde. Große forstwissenschaftliche Fachbereiche gibt es neben zahlreichen Studiengängen auch an der Technischen Universität München, der Georg-August-Universität Göttingen, der Universität Freiburg sowie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.